Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der Kandertalbahn: Projekt vorerst als unwirtschaftlich bewertet

Meldung aus Kandern
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Landkreis Lörrach. Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie Kandertal-S-Bahn haben entgegen den Erwartungen der Auftraggeber Ernüchterung ausgelöst. Gleichzeitig wird der Blick auf die neu veröffentlichten Kriterien der Standardisierten Bewertung gerichtet. Unabhängig davon engagieren sich alle Beteiligten mit innovativen Projekten für die weitere verkehrliche Entwicklung des Kandertals.


Im Frühjahr 2021 hat der Landkreis Lörrach gemeinsam mit den anliegenden Städten und Gemeinden eine vom Land geförderte Machbarkeitsstudie zur Reaktivierung der Kandertalbahn beauftragt. In der vorangegangenen Verkehrsstudie Kandertal war die Erschließung des Kandertals mit einem starken Schienenstrang bzw. alternativ über Busanbindungen (einschließlich einer hochwertige Schnellbuslinie) untersucht worden. Während ein Buskonzept bereits zu einem hohen Detailgrad erkennbar wurde, ist die Verkehrsstudie nun durch die Machbarkeitsstudie bezüglich der Reaktivierung der Kandertalbahn als S-Bahn-Strecke vertieft worden.


Im Fokus der Machbarkeitsstudie stehen zunächst Grundüberlegungen zum benötigten Infrastrukturbedarf und eine grobe Kostenschätzung, welche zur Überprüfung der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens herangezogen werden. Das ernüchternde Ergebnis der Wirtschaftlichkeitsprüfung liegt seit Juli vor: Das Projekt gilt nach den von Bund und Land vorgegebenen, standardisierten Kriterien als nicht wirtschaftlich. Dieses Ergebnis wurde von der Projektgruppe, bestehend aus Vertretern der beteiligten Städte und Gemeinden, des Landkreises sowie dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg und der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg zur Kenntnis genommen. Die politische Bewertung erfolgt in den nächsten Wochen in den Stadt- und Gemeinderäten sowie dem Kreistag des Landkreises.


Die Machbarkeitsstudie hat die Wirtschaftlichkeit im Rahmen einer vereinfachten Berechnung des Nutzen-Kosten-Indikators (Standardisierte Bewertung) überprüft, in der der volkswirtschaftliche Nutzen den Kosten gegenübergestellt wird. Ergibt sich ein Wert von 1 oder höher so wird das Vorhaben als wirtschaftlich angesehen. Hieran ist auch die Förderfähigkeit der Baukosten durch Bundes- und Landesmittel geknüpft. Bezogen auf die Reaktivierung der Kandertalbahn errechnet sich ein Wert von lediglich 0,28. Da Anfang Juli neue Richtlinien für die Standardisierte Bewertung veröffentlicht wurden, wird seitens der Projektträger aktuell eine Überprüfung des Ergebnisses auf dieser Grundlage in Betracht gezogen.


Daneben wird auch das in der Verkehrsstudie Kandertal vorgestellte Buskonzept weiterverfolgt. Dieses greift die bereits bestehenden Hauptachsen mit den Linien 55 und 54 auf und entwickelt sie weiter. Die Linie 55 bedient bereits heute stündlich, teilweise in verdichtetem Takt, Kandern mit Weil am Rhein und Basel. Die Buslinie 54, der sogenannte „Sausenberger“ hat sich zur modellhaften Schnellbusline zwischen Kandern und der S-Bahn in Lörrach Brombach entwickelt. So sind im ÖPNV bereits jetzt zwei starke Hauptachsen zwischen Kandern und Lörrach sowie Weil am Rhein und Basel vorhanden. Die Umsetzung des Buskonzepts kann voraussichtlich ab 2026 erfolgen: www.loerrach-landkreis.de/bus-bahn


Auf Initiative der Kommunen im Kandertal und ausgehend vom Raumkonzept Kandertal 2040 ist für 10 Städte und Gemeinden im Doppelkorridor Kandertal/Oberrhein geplant, ein Mobilitätsnetzwerk zu gründen. Das Netzwerk folgt dem Förderprogramm Kommunalrichtlinie des Bundes und wird mit einem Gesamtvolumen von mehr als 500.000 EUR Personalkapazität und Wissensvermehrung für die Kommunen bedeuten. Als Umsetzungsthemen im Korridor sind insbesondere Mobilitätsknotenpunkte, Sharingangebote und Ladeinfrastruktur zu nennen. Ebenfalls im Korridor engagiert sich der Regionalverband Hochrhein-Bodensee mit einer Modellstudie, gefördert durch das Landes-Verkehrsministerium, die die qualifizierte partizipative Erkundung von Mobilitätsbedürfnissen zum Inhalt hat. Die Ergebnisse sollen auf andere ländliche Räume übertragbar sein werden.